Musikmanie
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So mancher Tonträger hat schwer zu tragen.

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Fynn Kliemann - POP

Ein riesiges Puzzle, was man am besten in der richtigen Reihenfolge zusammensetzt. (10/12)

Die vorab veröffentlichten Singles haben es schon versprochen. Fynn Kliemann hat in den letzten zwei Jahren Ideen gesammelt und mit Pop einen guten Nachfolger für Nie zusammengestellt. Das Album startet mit einer Dreierkette aus grandiosen Stücken. Eine Minute ist die Single, welche zuerst ausgekoppelt war und nach einem kurzen aha, sicherlich jeden mit einer Textpassage abgeholt hat. "Ich überleg in einer Minute, was in einer Minute passiert. Gefühlt ja nicht viel. Mir fällt etwas runter, du hebst schon lange was auf..."  Das besondere ist wie normal und doch abstrakt die Situationen sind, welche er in den Strophen zusammenpackt. Und für jeden der sich schon mal erwischt hat, wie man der Zeit nur so hinterher guckt. Und dann sind dann wieder diese Passagen die einen kurz schwerer durchatmen lassen "Eine Mama verlässt ihre Brut, weil ne menschliche Hand schon mal da war..."  Und schon nach dem ersten Song merkt man etwas besonderes neues: Die Lieder gehen ineiner fließend über. Das steht dem Album unglaublich gut und sorgt einfach dafür, dass man das Album nicht einfach stoppen und beisseite legen kann. Es folgt Alles was ich hab"Man es ist doch alles wahr was man sagt, dass man nicht viel Zeit hat und zu wenig drauß macht... Ich tausch ein bisschen Mut gegen tolle Absicht und wie das geht, digga weiß ich auch nicht. Wers nicht versucht ist irgendwann ganz traurig" Nicht nur musikalisch wird die Brücke gebaut, auch der Text scheint in Zusammenhang zu stehen. Auf jedenfall ist das Lied in der Lage einen aufzufangen und mit Motivations zu versehen. Als drittes reiht sich in diesen unglaublich starken Anfang Warten ein. Schon die erste Zeile "Schon mal versucht zu schlafen, wenn es juckt. Fühlt sich nicht gut an, wie auf entzug. Ich muss das tun, ich muss das."  Auch das Lied kann man nur nickend in sich aufsaugen. Es ist eine ruhigere Dynamik und macht bittersüß glücklich, es ist nicht direkt Melancholisch. Aber beschreibt so einfach und doch verspielt die Situation, die man kennt, wenn man immer Dinge macht und dann an einem Ort, den man zuhause nennen kann zur Ruhe kommen muss. "Was mir Angst macht sind die Jahre, seit dem du sagst du kannst warten. Hab mich nie getraut zu fragen. Was mir Angst macht sind die Jahre, seit dem du sagst du kannst warten, King of Queens wieder vorm Schlafen, keine Träume mehr." Vor allem die Bridge hat es in sich und braucht danach erstmal die ruhige, tragende Melodie, die sie bekommen hat. gleichzeit stellt sie das perfekte Outro da. Außerdem spielt Fynn Kliemann mehr mit Geräuschen. Die Feuerwehr im Hintergrund, das monotone Piepen, wundervolle Stilmittel die das Lied noch komplexer wirken lassen und den folgenden Zeilen noch mehr Ausdruck und schwere verleihen. "Und immer morgens wenn ich mich heißer, leise lege zu dir, verpasst hab wie du einschläfst, hass ich mich wieder dafür, hass mich für alles was ich geschafft hab, bereue den ganzen Tag. Doch anstatt das ich mich änder, tipp ich im dunkeln diesen Satz." Das Tippen auf der Tastatur baut wieder den wunderbaren passenden, nicht erzwungenen Übergang. Die Geschwindigkeit zieht wieder an und mit Die Hook gibt es einen Ohrwurm als nächstes. Auch hierbei sind die Geräusche wieder spannend mit eingebunden. In der Mitte das Albums kommt es zu dem Teil, bei dem Experimentieren und Klang im Vordergrund stand. Sei es das kurze Stück Liebster Wahnsinn oder das Stück Der Flötist an den Toren des Morgengrauens was einen Bruch darstellt und einen sicher erstmal aufstutzen lässt. Es ist etwas anderes als man es erwartet, passt wenn man das Album am Stück hört auch irgendwie rein, aber einzeln doch mehr Irritation als Genuss ist. Ähnlich sieht es aus mit dem Track Vokabeln I allerdings ist man schon auf "das Andere, das Besondere" eingestellt, kann sich daher auch etwas mehr drauf einlassen. Und schnell stellt man fest, das ist eben was wo man hinhören muss, zuhören muss und es dann einen doch kurz beklemmt zurück lässt. Wieder ein Teil was was dafür sorgt, dass man das Album als ganzes Puzzle genießen kann und sollte.
Als weiteres Stück war Schmeiß mein Leben auf den Müll bereits ausgekoppelt, und man mag meinen man hat es gedanklich etwas zu Alles was ich hab gepuzzlet aber weiterhinten auf dem Album hat es seinen eigenen Fokus. So kommen besonders die Zeilen "Verscherbel mich in Einzelteilen, weil ich dann mehr Wert bin, biete Mitgefühl getrennt von Geschäftssinn, an jedem Angebot klebt ein Preis, tausche 100 gegen 10 Prozent mehr Zeit." Das Motiv, was immer wieder auftaucht in den Texten ist Zeit, daher scheint es auch viele Menschen zu berühren, weil uns das Thema auch alle verbindet. Dann kommen immer wieder einzelne Themenschwerpunkte hinzu Sinn und Unsinn, Liebe, Werte, Geräusche und auch Gerüche. Diese werden im Lied Regen in eine wunderbare Reihenfolge gekettet. Insgesamt kann man sagen. Das besondere was Fynn Kliemann in seine Texte verarbeitet ist das Detail, das Normale, die Einfachheit und gerade das macht es so unglaublich besonders, dass sich jeder darin wieder findet. Musikalisch bleibt er in seinen Sphären, probiert jedoch viel aus, sodass er auch unter die Texte einen vielschichtigen Klangteppich legt und mit Pop ein grandioses Album, welches man immer wieder und wieder hören will. Chapeau.

Anspieltipp:




Albumcover: Fynn Kliemann - POP

 Tracklist:

1) Eine Minute: 12
2) Alles was ich hab: 12
3) Warten: 12
4) Die Hook: 10
5) Liebster Wahnsinn: 6
6) Regen: 9
7) Alles nur geliehen: 9
8) Frieden mit der Stadt: 8
9) Ruinierung: 7
10) Der Flötist an den Toren des Morgengrauens: 2
11) Twingo: 9
12) Schmeiß mein Leben auf den Müll: 11
13) Vokabeln 1: 6
14) Schlaflied: 9

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